Je nachdem, ob ein Tier ein grasender Pflanzenfresser, ein aktiv jagender Räuber oder ein Lauerjäger ist, können unterschiedliche Pupillenformen für das Überleben des Tieres wichtig sein.
Forscher der Universität Berkley (USA) haben 214 Arten von Landlebenwesen studiert und bestätigen 2015 im Fachblatt „Science Advances”, was frühere Beobachtungen schon nahegelegt haben. Im Lauf der Evolution haben sich offenbar runde, vertikal-schlitzförmige oder horizontal-spaltenförmige Pupillen als jeweils optimale Anpassungen an die unterschiedlichen Lebensweisen entwickelt. Die Forscher konnten sie mit Hilfe von Computermodellen erstmals zeigen, wie sich die Sehleistungen der einzelnen Augentypen unterscheiden.
So erwiesen sich waagerecht ausgerichtete Pupillen für Schafe oder auch Pferde als vorteilhaft, weil grasende Tiere mit seitenständigen Augen dadurch ein umfassendes horizontales Panoramabild ihrer Umgebung wahrnehmen können. Für Beutetiere nicht ganz unwichtig. Denn für die schnelle Flucht vor einem Räuber bietet dieser Pupillentyp mit "Rundumsicht" große Vorteile.
Zudem verhindert diese waagrecht-längliche Pupillenform störenden Lichteinfall von oben und verbessert die Sicht auf den Boden. Außerdem ermöglicht sie eine durch blinde Flecke wenig unterbrochene Rundumsicht, eine frühe Erkennung sich nähernder Räuber und eine optimale Wahrnehmung der Bodenbeschaffenheit, was für den Fall einer plötzlichen Flucht wichtig ist. Beobachtungen der Biologen in Kalifornien zeigten, wie groß die Bedeutung der horizontalen Ausrichtung tatsächlich ist: Wenn sich der Kopf z.B. eines Schafes beim Grasen zum Boden senkt, drehen sich die Augäpfel so, dass die Pupillen weiterhin horizontal ausgerichtet bleiben. Tiere mit waagrecht-länglichen Pupillen können ihre Augen also zehnmal stärker „verdrehen“ als der Mensch, so die Forscher.
Das heißt aber nicht, das Schafe und Pferde eng miteinander verwandt sind.
In der Evolution hat sich die Pupillenform sehr wahrscheinlich durch Anpassung an die jeweilige ökologische Nische und Lebensweise mehrmals unabhängig voneinander verändert.
Wer weiß also, welche Form die Pupillen der kleinen, süßen Vorfahren unserer Pferde hatten?
Originalquelle: „Why do animal eyes have pupils of different shapes?”, Martin S. Banks et al.; Science Advances, DOI: 10.1126/sciadv.1500391